Wird Sambia zu Simbabwe?

5. Juli 2012


Eine steile und Sambias Demokratie gegenüber nicht ganz faire These, aber Thomas Scheens hochinteressanter Artikel in der FAZ sieht in Sambia die „Geburt einer Diktatur“. Grund dafür ist das in der Tat zunehmend bedenkliche Verhalten der Regierung von Michael „The Cobra“ Sata, nach der demokratischen Wahl vor neun Monaten auch hierzulande noch als Hoffnungsträger gehandelt. Zum Hintergrund des Artikels: Ex-Präsident Rupiah Banda und seine Söhne haben den internationalen Staranwalt Robert Amsterdam engagiert, der zusammen mit der sambischen Opposition einen offenen Brief an die Donor Community schrieb.

Sambia, seit 1991 eine pluralistische Demokratie, galt spätestens seit dem als ernsthaft bewerteten Anti-Korruptionskurs von Präsident Levy Mwanawasa als eines der Musterländer im südlichen Afrika. Das blieb auch nach dem Tod von Mwanawasa unter seinem Nachfolger Rupiah Banda so, wenngleich der Elan im Kampf gegen die Korruption nachließ. Dafür wies das kupferreiche Land traumhafte makrökonomische Wachstumsraten von durchschnittlich sechs bis sieben Prozent auf. Weil dieses Wachstum aber zu wenig bei der Bevölkerung ankam, verloren Rupiah Banda und seine seit 20 Jahren regierende Partei MMD (Movement for Multiparty Democracy) knapp gegen Michael Sata und seine PF (Patriotic Front). Der friedliche und faire Verlauf dieser Wahlen sowie die reibungslose, geordnete Amtsübergabe des Verlierers  – leider immer noch keine Selbstverständlichkeit in Afrika – brachten Sambia weiteres internationales Lob ein.

Michael Sata faszinierte nicht zuletzt wegen seiner kritischen Haltung gegenüber chinesischen Investoren und seiner Ankündigung, der Korruption wieder stärker den Kampf anzusagen. Auch seine Berufung von Guy Scott zum ersten weißen Vizepräsidenten Sambias erregte Aufsehen. Dass der charismatische Michael „The Cobra“ Sata wegen seiner machtbewussten, autoritären und bisweilen rabiaten Art (jüngstes Beispiel: eine rüde Auseinandersetzung zwischen Sata und Ex-US-Präsident George W. Bush in Lusaka) in Sambia selbst ebenso berüchtigt wie umstritten ist, beachteten zunächst hingegen nur die – nicht gerade zahlreichen – Kenner des Landes. Wenige Monate nach dem Machtwechsel mehren sich jedoch auch außerhalb Sambias die Sorgen über Satas Führungsstil, Nepotismus, Misswirtschaft sowie Beeinflussung, Behinderung und Einschüchterung von Opposition, Medien und Justiz. „Das alte Afrika feiert in Sambia seine Auferstehung“, zitiert Thomas Scheen einen sambischen Anwalt und Oppositionspolitiker.

Nachzulesen ist die Vielzahl der Vorwürfe ein einem offenen Brief der sambischen Opposition an die „Donor Community“ Sambias (Full Text of Letter to Donor Community from Zambian Opposition). Einer der Mitunterzeichner ist der international bekannte kanadische Anwalt Robert Amsterdam (u.a. vertrat er Michail Chodorkowskij). Er vertritt derzeit die rechtlichen Interessen von Ex-Präsident Rupiah Banda und seinen Söhnen. Alle werden derzeit in Sambia wegen Korruptionsvorwürfen juristisch verfolgt, bzw. – glaubt man Amsterdam – lässt die Regierung Sata sie aus politischen Gründen anklagen.

Vor wenigen Wochen tourte Robert Amsterdam durch mehrere europäische Hauptstädte, u.a. auch Berlin, um die Belange seiner Mandaten zu vertreten und eine Diskussion über Michael Sata und seine Regierung anzustoßen. Der Artikel von Thomas Scheen FAZ sieht („Sambia – die Geburt einer Diktatur“), der auf den offenen Brief und auf Robert Amsterdam Bezug nimmt, hat genau dies bewirkt.

Selbstverständlich ist bei einer inhaltlichen Bewertung der Vorwürfe an Michael Sata und seine Regierung zu bedenken, dass die Opposition, Rupiah Banda, seine Söhne und natürlich auch deren Rechtsvertreter gezielt eigene Interessen vertreten (was auch legitim ist). Aber für die nun sicher an Fahrt gewinnende Diskussion um die Regierungsführung in Sambia und die zukünftige Entwicklung des Landes sind sowohl Thomas Scheens Artikel als auch der offene Brief überaus wertvolle Inputs.

Sambias Status eines „Musterlandes“ (by the way: wessen „Muster“? Aber das ist eine andere Frage…) im südlichen Afrika wird man sicherlich überdenken müssen. Auch wenn es bis Simbabwe glücklicherweise noch weit ist.

3 Antworten to “Wird Sambia zu Simbabwe?”

  1. dagzimen Says:

    Sorry, der Link zum offenen Brief an Sambias Donor Community funktionierte zunächst nicht richtig. Nun sollte es aber gehen…

    Hier nochmal:

    Klicke, um auf full-text-of-letter-to-donor-community-from-zambian-opposition.pdf zuzugreifen

  2. Mr Toni Says:

    Hier ein Beitrag aus Facebook (German-Zambia Group) zu dem FAZ Artikel:
    I asked a jounalist from the NEtherlands living and working in Zambia about the recent SATA report through FAZ, and here is what she had to say:

    Dear Enock,

    I have now taken a closer look at the article comparing it to recent reports. It relies heavily on the letter to donors from opposition parties (without stating so). It is also biased in its choice of sources, giving prominence to PF opponents, without necessary stating so. For example it presents Muhabi Lungu as a lawyer who “for many years was responsible for the privatisation of state companies” – but forgets to mention that he is now very active in the political opposition. All in all, the article does not bring a lot of new food to the table, so to speak, and I am surprised that a FAZ correspondent can be allowed to be so biased. But what do you think – and what is your interest?

    Ich denke man muss auch das Gesamtbild sehen und nicht einseitig die Opposition. Gerade die MMD hat sich in den letzten Jahren nicht mit Ruhm bekleckert. Von einem zweiten Simbabwe ist Sambia sicher weit entfernt. Am Ende kann man auch nicht alles an einer Person (dem Präsidenten) fest machen. Zu einer Diktatur gehört weit mehr.

    • Dag Zimen Says:

      Das sehe ich sehr aehnlich. Insbesondere die mangelnde Zitierung des offenen Briefes. Eben deswegen hab ich den hier angefuehrt und verlinkt. Und die ueberschruft ist natuerlich bewusst provokativ.

      Ich stelle mich definitiv auf keine Seite, finde es aber interessant und wichtig, dass ein Land, das in Deutschland die letzten Jahre mehr oder weniger unkritisch als musterland in der sadc-region angesehen wurde, nun mal etwas detaillierter in die diskussion geraet.


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